Bronzeurne mit kalligraphisch ausgefeiltem, tiefsinnigem Epigramm, römisch, 1. - 2. Jhdt.

Los 48
22.10.2022 10:00UTC +01:00
Classic
Startpreis
€ 20 000
AuctioneerHermann Historica
VeranstaltungsortDeutschland, Grasbrunn / München
Aufgeld25 %
Archiv
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ID 832790
Los 48 | Bronzeurne mit kalligraphisch ausgefeiltem, tiefsinnigem Epigramm, römisch, 1. - 2. Jhdt.
Schätzwert
€ 20 000
Urne von außergewöhnlich schöner Formgebung. Der konische Fuß am Rand zu einer Wulst umgebördelt und nach der engsten Stelle sich trichterförmig etwas erweiternd. Mit dieser schmalen Basis ist der eiförmige Korpus der Urne verlötet. Oberhalb der Schulter eine Hohlkehle, darüber die nach außen gewölbte Randlippe, die nach innen zur Aufnahme des Deckels abgesetzt ist. Am Übergang von Bauch zu Schulter sind gegenüberliegend zwei horizontal angeordnete Henkel mit Attaschen in Form von durchbrochenen Palmetten aufgelötet. Die Henkel elegant nach oben geschwungen und mittig durch drei vertikale Wülste, seitlich durch drei horizontale Kehlungen profiliert. Auf Höhe der Unterkante der Henkel ringsum zwei Drehrillen verlaufend. Der Deckel auf der Oberseite von außen nach innen gegliedert durch eine breite Wulst, eine Hohlkehle und eine leichte zentrale Wölbung, deren Höhe durch drei konzentrische, tief eingedrehte Kreise markiert ist. In der Mitte eine senkrecht stehende, rechteckige Griffplatte, die durch einen runden Stift mit einer Scheibe unter dem Deckel verbunden ist. Mit dieser Vorrichtung kann ein seitlich der Griffplatte vorhandenes Loch geöffnet oder verschlossen werden.
Die Totenspeisung war integraler Bestandteil der antiken Erinnerungskultur; bei Gedenkfeiern wurde der Tote als präsent gedacht und erlebt und nahm bei einem Totenmahl durch Speise- oder Getränkeopfer symbolisch an der Zeremonie der Lebenden teil. Der Verschlussmechanismus könnte so gedeutet werden, dass er die unmittelbare Versorgung des Toten mit diesen Gaben gewährleisten konnte.
Besondere Beachtung verdient die sinnträchtige Aufschrift auf der Schulter der Urne, die in einem Zweizeiler, vom Versmaß her ein sogenanntes "elegisches Distichon", die Vergänglichkeit aller Dinge treffend in Worte fasst:
QVANTVM EST IN VITA FAMAE VIRTVTIS HONORIS /
ENAT QVAM PARVOS MORS REDIGIT CINERES.
Eine wörtliche Übersetzung der im Lateinischen wohlgewählten Worte ins Deutsche ist schwerfällig und erst eine freiere Paraphrase vermag dem Sinnspruch wieder Fluss zu verleihen: "Wieviel es im Leben an Ruhm, Tugend und Ehre gibt, erweist sich darin, wie kleine Aschehäufchen der Tod daraus macht.".
Die Buchstaben sind wohl proportioniert und genau bemessen auf die Außenseite der Urne eingemeißelt worden. Sowohl der Dichter als auch der Kalligraph bewiesen bei der Ausführung die meisterhafte Beherrschung ihres Handwerks.
Ein Dokument römischer Sach- und Geisteskultur von großer Seltenheit.
Oberfläche mit fleckiger Patina mit Grün-, Blau- und Brauntönen. Durch Mineralisierung fragile Stellen und minimale Ausbrüche im unteren Drittel der Urne fachmännisch von innen her restauriert und stabilisiert. Höhe mit Deckel 46 cm.
Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung.
Urn of exceptionally beautiful design. The conical base is beaded at the rim and widens somewhat like a funnel after the narrowest part. The egg-shaped body of the urn is soldered to this narrow base. A hollow groove above the shoulder, above which the lip of the rim, which is curved outwards and offset inwards to accommodate the lid. At the transition from the belly to the shoulder, two horizontally arranged handles with attachments in the form of openwork palmettes are soldered on opposite sides. The handles curving elegantly upwards, profiled in the centre by three vertical bulges and on the sides by three horizontal flutes. Two turning grooves running around at the lower edge of the handles. The lid on the top divided from the outside to the inside by a wide bead, a concavity and a slight central bulge, the height of which is marked by three concentric, deeply carved circles. In the centre, a vertical rectangular handle plate connected by a round pin to a disc under the lid. This device can be used to open or close a perforation on the side of the handle plate.
The feeding of the dead was an integral part of the ancient culture of remembrance; at commemorative ceremonies the dead person was thought of and experienced as present, symbolically participating in the ceremony of the living at a funerary banquet through offerings of food or drink. The sealing mechanism could be interpreted as ensuring the immediate provision of the deceased with these offerings.
Special attention should be paid to the evocative inscription on the shoulder of the urn, which aptly expresses the transience of all things in a two-line verse, known as an "elegiac distich":
QVANTVM EST IN VITA FAMAE VIRTVTIS HONORIS / ENAT QVAM PARVOS MORS REDIGIT CINERES.
A literal translation of the well-chosen words in Latin into English is cumbersome and only a freer paraphrase is able to lend fluency to the motto: "How much there is in life of glory, virtue and honour, is shown by how small a heap of ashes death makes of it.". The letters have been chiselled onto the outside of the urn, well-proportioned and precisely measured. Both the poet and the calligrapher demonstrated mastery of their craft in the execution.
An eloquent document of Roman material and intellectual culture of great rarity. Surface with spotty patina with shades of green, blue and brown. Fragile areas due to mineralisation and minimal chipping in the lower third of the urn, expertly restored and stabilised from the inside. Height with lid 46 cm.
Provenance: South German private collection.
Adresse der Versteigerung Hermann Historica
Bretonischer Ring 3
85630 Grasbrunn / München
Deutschland
Vorschau
22.10.2022 – 22.10.2022
Telefon +49 (0)89 5472 649 0
Fax +49 (0)89 5472 64999
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