ID 136601
Los 34 | Junger Streiter
Schätzwert
€ 80 000 – 120 000
Es wurden insgesamt nur drei Güsse zwischen 1936 und 1938 hergestellt. Laut Werkkatalog des Georg-Kolbe-Museum, Berlin, befinden sich die beiden weiteren Exemplare im Georg-Kolbe-Museum sowie in der Marineschule Flensburg.
Provenienz:
- Privatsammlung Nordrhein-Westfalen (1937 direkt vom Künstler)
Ausstellungen:
- Haus der Deutschen Kunst, München 1937
Literatur:
- Berger, Ursel: Georg Kolbe - Leben und Werk. Mit dem Katalog der Kolbeplastiken im Georg-Kolbe-Museum, Berlin 1990, Nr. 154, Abb.
- Pindler, Wilhelm: Georg Kolbe - Werke der letzten Jahre, Berlin 1937, S. 61 ff.
Georg Kolbe zählt zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der mit seinen Aktplastiken seine Generation nachhaltig beeinflusst hat. Prägend für sein Gesamtwerk sind natürlich gestaltete Menschendarstellungen, die beim Betrachten eine entrückte, träumerische Stimmung hervorrufen. Bereits 1905 wird er Mitglied der Berliner Secession. Der bekannte Berliner Kunsthändler Paul Cassirer wird ein wichtiger Förderer seiner Kunst. Der Durchbruch gelingt Kolbe 1912 mit der Skulptur "Die Tänzerin", die in der Berliner Secession ausgestellt war und von der Nationalgalerie erworben wurde.
Kolbe schafft es immer wieder intuitiv Stimmungen und den allgemeinen Zeitgeist in seine Werke einfließen zu lassen. So entwickelt sich der Stil des Bildhauers im Laufe der Jahrzehnte immer weiter. Nach dem ersten Weltkrieg reagiert Kolbe auf expressionistische Formexperimente. In den 1920er Jahren - gleichzeitig mit der politischen und wirtschaftlichen Beruhigung der Weimarer Republik - modellierte Kolbe überwiegend bewegte Frauenfiguren, inspiriert vom Ausdruckstanz mit seinen stilisierten Bewegungen.
Die überlebensgroße Skulptur "Junger Streiter" zählt zu Kolbes spätem Werk, in dem er sich vornehmlich männlichen Aktdarstellungen widmet. Dargestellt ist ein schlanker, athletischer Mann mit einem wachen, selbstwussten Blick. Als Modell soll ein Gärtner gestanden haben. Wie Dr. Ursel Berger im Werkkatalog des Georg-Kolbe-Museums schreibt "gibt es wohl kaum eine Männergestalt von Kolbe, in der Kraft, Eleganz und Schönheit so eng verbunden sind. Der "Junge Streiter" ist die erfolgreichste männliche Aktfigur Kolbes aus den dreißiger Jahren. Er wurde dreimal gegossen, wobei die meisten Großplastiken Unikate blieben."
Oftmals werden die Skulpturen aus dem Spätwerk Kolbes mit einer Ästhetik der NS-Zeit in Verbindung gebracht. Kolbe selbst ließ sich jedoch nachweislich nie dafür vereinnahmen und distanzierte sich zeitlebens. Ursel Berger beschreibt Kolbes Stiländerung und die Hinwendung zu männlichen Darstellungen in seinem Spätwerk wie folgt: "Bei Kolbes stilistischen Änderungen um 1930 spielte nicht nur der Zeitgeist eine Rolle; sondern diesmal auch das persönliche Schicksal des Künstlers. Der größte Einschnitt in seinem Leben war der tragische Tod seiner Ehefrau im Jahr 1927. Danach fand der Bildhauer nie wieder zu seinen heiteren, leicht bewegten Frauenfiguren zurück, die zuvor sein Werk prägten. Den Grundton seines vorangegangenen Werkes, eine durchaus auch erotische motivierte Freude an schönen weibliche Körpern, scheint er nun bewusst unterdrückt zu haben. Es sieht so aus, als ob damit die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit seines künstlerischen Schaffens unterbrochen worden wäre. (...) Kolbe wollte den Tod seiner Frau künstlich verarbeiten und zwar mit männlichen Gestalten, womit er sich zuvor nur ausnahmsweise beschäftigt hatte. Diese Statuen übernahmen eine bestimmte Rolle, denn der Künstler bemühte sich, mit Hilfe seiner Kunst seine Lebenskrise zu überwinden. (.) Kolbes Entwicklung zu den kraftvollen Männerfiguren begann vor der NS-Zeit und erklärt sich aus seinem eigenen Schicksal. Sie hat nichts mit dem Erstarken der NS-Bewegung zu tun, gegen die sich Kolbe gerade damals deutlich aussprach." (Dr. Ursel Berger, Georg Kolbe in der NS-Zeit - Tatsachen und Interpretationen, 2011, S. 6 f.)
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