Koboldspuk. Spitzweg, Carl

Los 167
25.09.2019 15:00UTC +01:00
Classic
Verkauft
€ 65 000
AuctioneerKunstauktionshaus Neumeister
VeranstaltungsortDeutschland, München
Aufgeld30%
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ID 232772
Los 167 | Koboldspuk. Spitzweg, Carl
Schätzwert
€ 50 000 – 70 000
Rückseitig Klebetikett mit handschriftlicher Bestätigung Karl Loreck, München, 30. Dezember 1913, und Nachlass-Stempel. Ebenda die Nummerierungen 688 (Sonderauftrag Linz) und 9505 (CCP, München). Öl auf Holz. 23 x 31,5 cm. Restaurierung. Rahmen. Im Dunkel einer Felsenhöhle halten sich mehrere Kobolde auf, sie reagieren spontan und emotional auf ihren ''Entdecker'', weniger den Künstler als den Betrachter des Gemäldes. Einer der Gnome, ihr Anführer, hat sich in wehrhafter Haltung breitbeinig positioniert und fixiert den Eindringling entrüstet durch seine dicke Brille. Andere wirken ängstlich, freundlich oder erstaunt. Im Sonnenlicht strahlen Efeu und Löwenzahn, die sich um den Eingang zur Höhle angesiedelt haben. Das 19. Jahrhundert nahm politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich eine so schnelle Entwicklung, dass diese nicht wenigen Zeitgenossen kaum mehr nachvollziehbar war. Carl Spitzweg erlebte die Revolution von 1848, das rasante Anwachsen der Einwohnerzahl seiner Heimatstadt München, die enorme technische Entwicklung und die zunehmende Industrialisierung. Als genauen Beobachter des Zeitgeschehens ließ ihn dies nicht unberührt. Spitzweg ist nicht nur der künstlerische Zeuge biedermeierlicher Idyllen, er ist auch einer der größten Skeptiker seiner Zeit und macht aus seiner Kritik an dieser kein Hehl. Wer kennt nicht eines seiner bekanntesten Gemälde, ''Fiat Justitia'' (1857), mit seiner eindeutig formulierten Kritik an der zeitgenössischen Justiz? Der Gnom oder Kobold steht bei Carl Spitzweg im Mittelpunkt von vier Gemälden, datierbar in den Zeitraum zwischen 1845 und 1855. Der Vertreter der ''elementaren Erdgeister'' (Wichmann) wird in dreien dieser Gemälde mit einer der wohl wichtigsten technischen Errungenschaften des 19. Jahrhunderts konfrontiert: der Eisenbahn, Symbol der ''Neuen Zeit'', der er höchst misstrauisch gegenübersteht. In diesem Sinne sind auch die in ihrer Felsenhöhle überraschten Kobolde zu interpretieren: Es ist nicht die Tatsache des ''Entdecktwerdens'', welche sie in höchstem Maße erregt, es ist das Eindringen der ''Neuen Zeit'' in ihr behagliches Zuhause, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Welcher Kobold oder Gnom trägt zu mittelalterlicher (Bergarbeiter-) Kleidung jedoch eine Brille des 19. Jahrhunderts? Ist es am Ende der Künstler selbst, der sich als einer der letzten Vertreter der ''Alten Zeit'' gegen das Neue wehrt? Das Aussehen Spitzwegs ist gut dokumentiert, zum Vergleich können auch die Karikaturen Johann Baptist Kirners herangezogen werden, welche den Künstler mit seiner typischen Brille und dem akkuraten und markanten Schnurrbart zeigen. Trägt der Anführer unserer Kobolde nicht genau diese Brille, trägt er nicht denselben Schnurrbart? Es würde durchaus dem Humor und auch der Vielseitigkeit eines der genialsten Künstler des 19. Jahrhunderts entsprechen, wenn er in diesem Gemälde seinen ganz persönlichen Protest gegen die ''Neue Zeit'' formuliert hätte. Literatur: Bayerische Kunst 1800-1850. Münchener Jahresausstellung 1906 im Kgl. Glaspalast. München 1906, Katalog-Nr. 609. - Carl Spitzweg 1808-1886. Ausstellung veranstaltet zur Feier des 100. Geburtstages. Kunstverein München, Juni 1908. München 1908, Katalog-Nr. 198: mit dem Titel ''Gnomen in der Felsspalte''. - Ostini, Fritz von, Aus Carl Spitzwegs Welt. 100 seiner schönsten Bilder mit Porträt und Biographie des Malers [...] Barmen 1924, S. 50. - Roennefahrt, Günther, Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle. München 1960, S. 293, Werkverzeichnis-Nr. 1403 (mit Abbildung S. 133): mit min. abweichender Maßangabe 23 x 32 cm, die von Siegfried Wichmann - ebenso wie die Abbildung - übernommen wurde. - Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke - Gemälde und Aquarelle. Stuttgart 2002, S. 260, Werkverzeichnis-Nr. 486 (mit Abbildung): dort um 1845/50 datiert. Provenienz: Major Karl Loreck, München (um 1913). - Privatsammlung München. - Zwangsverkauf und von der Galerie Almas Dietrich dem ''Sonderauftrag Linz'' vermittelt. - 1945 Central Collecting Point, München, 1949 Central Collecting Point Wiesbaden. - 1950 an die Familie des ehemaligen Eigentümers restituiert. - Süddeutsche Privatsammlung.
Adresse der Versteigerung Kunstauktionshaus Neumeister
Barer Str. 37
80799 München
Deutschland
Vorschau
19.09.2019 – 23.09.2019
Telefon 089 231710-20
Fax 089 231710-50
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