ID 196896
Los 1095 | Markt
Schätzwert
€ 20 000 – 30 000
Provenienz:
- Galerie EIGEN + ART, Leipzig/Berlin
Ausstellungen:
- Werkschau Leipzig, 2012
- Kunsthalle Osnabrück, 2013
- Bayer AG, Leverkusen 2014 / 2015
- Museum Abtei Liesborn, Wadersloh-Liesborn 2015 / 2016
- Museum Abtei Liesborn, Wadersloh-Liesborn 2018
Literatur:
- Rusche, Thomas/ Stadt Osnabrück: Der Oberbürgermeister (Herausgabe): Schöne Landschaft Bedrohte Natur. Alte Meister im Dialog mit zeitgenössischer Kunst. Landschaftsbilder aus der SOR Rusche Sammlung Oelde/Berlin, Bielefeld 2013, S. 162/163, m. Abbildung
- Gisbourne, Mark/ Schmidt, Hans-Werner/ Bleyl, Matthias unter anderem (Herausgabe): Eros und Thanatos, Leipzig 2012, Katalog-Nr. XXV, mit Abbildung
Dass Reisen das Auge schult steht außer Frage. Das galt vor über 300 Jahren genauso wie heute. Auch David Schnell nutzt den vor dem Naturobjekt gewonnen Eindruck als Inspiration für seine stets zwischen einer konkreten Dinglichkeit und einem verführerisch freien Ansatz zur Abstraktion fluktuierenden Bilder.
Das großformatige Gemälde "Markt" aus dem Jahr 2012 zieht den Betrachter förmlich in die Komposition hinein.
Der Künstler bespielt dabei die gesamte Klaviatur der Kunstgeschichte. Klassisch kann man dieses Bild von der Mitte aus lesen. Hier befindet sich traditionell der Fluchtpunkt. Die vom Betrachter entfernteste Stelle ist gekennzeichnet durch ihre blaue Aufhellung. Verblauung der Ferne nennt man das Phänomen, welches bezeichnet, dass die Dinge mit wachsender Distanz zum menschlichen Auge diesem blauer erscheinen. Wagt man sich jedoch aus dem Zentrum des Gemäldes hinaus, wird man von der Schnelligkeit, der sich bewegenden Formen ergriffen. Während flache, rechteckige Gebilde über dem bunten Nichts noch eine gewisse Stabilität suggerieren, haben sich einige von ihnen bereits in luftige Höhen begeben, und dort mit grellgrünen Laubformationen einen Pakt geschlossen, um scheinbar über den Horizont und damit aus der Komposition hinaus zu schweben.
Traditionelle Elemente, die Schnell durch das Studium anderer Naturdarstellungen rezipiert, kombiniert er mit einem ganz subjektiven Ausdruck eines realen Seherlebnisses. Dieses durch und durch ästhetische Oszillieren zwischen allen Möglichkeiten, führt zu einer klugen und tiefgründigen Schönheit, die zeitgemäßer nicht sein könnte.
Licht und Schatten, Farbnuancen, Nähe und Ferne, konkrete oder durch die Distanz sich bereits bis ins undeutlich-abstrakte hinein auflösende Formen, Geschwindigkeit und Stillstand, Perspektive, die unserer Sehgewohnheit entgegenkommt, obwohl sie nichts mit einer berechneten Zentralperspektive zu tun hat, all das sind Elemente die Schnells Arbeit auszeichnen.
"Kurzum: sein Auge, wie abgerichtet auf das Erfassen von Formen, die in einem Chaos aus Farben verborgen liegen, steuerte seine Hand und seinen Verstand auf eine geschickte Weise, so dass man ein vollendetes Gemälde vor Augen hatte, bevor man begriff, was er eigentlich wollte."
Dieses so ungemein auf Schnells Arbeiten passende Zitat, stammt nicht etwa aus einer zeitgenössischen Kunstkritik, sondern aus dem Jahr 1678. Hoogstraten beschrieb damit van Goyens Arbeitsweise. Gäbe es einen treffenderen Beweis, dass große Kunst nichts mit der Jahreszahl ihrer Entstehung zu tun hat, sondern stets die einzigartige Ausdrucksform eines Individuums und damit des Menschseins an sich ist?
(Vgl. www.eigen-art.com/index.php?article_id=211&clang=0 (Zugriff am 19.09.2018))
Prof. Dr. Teresa Bischoff
Kategorie des Auktionshauses: | Zeitgenossische Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle |
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