ID 440054
Lot 3324 | Spitzweg, Carl
Estimate value
€ 2 000
Stehender männlicher Akt, vom Rücken her gesehen.
Um 1831 - 35. Bleistift auf Papier, am oberen Rand unter Passepartout montiert. Unten rechts Nachlassstempel (Rhombusstempel und Stempelsignatur, Lugt 2307) und wohl von fremder Hand bezeichnet «N 61 1/2 L». Verso Bleistiftzeichnung eines Frauenkopfes hinter einer Wand, nach oben blickend. Verso auf dem Passepartout auf einem Sammlungsetikett typografisch bet., bezeichnet «Carl Spitzweg, 1808 - 1885» und «281a - 15 - 61» num. Stockfleckig, kl. Risse.
H. 42,2, B. 28,8 cm (Blattgröße). Ungerahmt.
Spitzwegs Aktzeichnungen folgen zunächst der akademischen Tradition. Später wird «der Strich der Zeichnung [...] lang und geradlinig, eine gewisse Schärfe stellt sich ein. Die Schraffuren sind dem Kupferstich verwandt, sie bilden zu den Umrißlinen spitze Winkel, da die Schräglage der Linie zur Umgrenzungslinie gesteigert wird. Die Zeichnung verändert sich allmählich zu einer subjektiven Sicht und persönlichen Liniensprache.» aus: Siegfried Wichmann, Spitzweg, Die frühesten Spitzwegbilder, Reihe für vergleichende und angewandte Kunstgeschichte (R.f.v.u.a.K.), ohne Nummer, Lipp Verlag München ohne Jahresangabe, S. 5.
Der Autodidakt Spitzweg schreibt sich in den frühen 1830er Jahren nicht nur als Gast in der Akt-Klasse der Münchner Akademie ein, er studiert auch auf seiner Reise über Venedig und Rom nach Neapel (1832) die Möglichkeiten des Aktzeichnens bei den Nazarenern sowie den in Italien arbeitenden englischen und französischen Zeichnern. Auf Fahrten nach Wien (1833 und 1836) besucht er das „Museum Belvedere“ und studiert die dortige Kunstsammlung. Die hier vorliegende Aktzeichnung stammt aus der Frühzeit.
«Aus dem Œuvre von Spitzweg sind etliche Aktzeichnungen bekannt, sie wurden zum Teil sogar mit dem Namen des dargestellten versehen. Die meisten dieser Aktzeichnungen sind zwischen 1831 - 1835 entstanden.» (Detlef Rosenberger, Oberostendorf, 01.06.2020).
Dabei zeigt sich Spitzwegs Interesse an der exakten Nachahmung und Übertragung der menschlichen Natur auf das Papier. Oft stellt er seine Modelle im Raum oder zumindest mit Andeutungen einer tiefenräumlichen Interaktion dar.
«Carl Spitzweg hatte in seiner Frühzeit viele Aktzeichnungen ausgeführt, da es ihm darauf ankam, die Gestalten, auch wenn sie noch so altväterlich aussahen, anatomisch überzeugend genau wiederzugeben. Viele seiner Akteure im „glücklichen Winkel“ sind erst als Aktfigur entstanden und wurden dann mit dem Kostüm drapiert. Anschaulich ist dabei, wie Spitzweg das äußerst realistische, fast veristische Modell als Vorlage festhält und auch so wiedergibt, aber er bringt auch bereits eigenwillige Bewegungsabläufe in die Aktzeichnung. Zu diesem Zwecke hat er in den Akt-Klassen oftmals den Standpunkt gewechselt und hat das Modell gleichsam umkreist und somit von allen Seiten gezeichnet. Ihm kam es darauf an, die räumliche und körperhafte Bedeutung des Modells zu erfassen und wiederzugeben.» aus: Siegfried Wichmann, Spitzweg, Zeichnungen und Skizzen, München 1985, S. 79.
Stellungnahme: Detlef Rosenberger, Oberostendorf, 01.06.2020.
Wir danken Herrn Detlef Rosenberger, Oberostendorf, für die wissenschaftliche Beratung, anhand des Originals.
Provenienz: Sammlung Emil Keck Inventarnr. 281a - 15 - 61; Nachlass Curt Edgar Schreiber, ehemaliger Geschäftsführer der Uhrenfabrik Mauthe, Schwenningen, und Nachfolge.
Werkverzeichnis: Das Werk ist in dem in Bearbeitung befindlichen digitalen Werkverzeichnis von Detlef Rosenberger aufgeführt.
Auction house category: | Painting of the 19th and 20th century |
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