Franz Xaver Habermann

Los 1358
20.03.2025 14:00UTC +01:00
Classic
AuctioneerKunstauktionshaus Neumeister
VeranstaltungsortDeutschland, München
Aufgeld30%
ID 1386455
Los 1358 | Franz Xaver Habermann
Schätzwert
€ 2 500 – 3 000
Ornament-Stiche von unterschiedlichen Arten der Rocaille
87 Radierungen. Jew. in der Platte signiert, nummeriert und bezeichnet. Radierungen auf Bütten. Plattenmaß von 24,5 x 18,5 bis 29,5 x 18 cm. Größtenteils hinter Passepartout montiert (46,5 x 34 cm). Tlw. fleckig, beschnitten, gebräunt.

Habermanns Gesamtwerk zu überblicken, ist durch die inkonsistente Nummerierung Hertels sowie der Aufteilung des Werkes auf zwei Verleger (Hertel und Engelbrecht) schwierig. Es hat sich kein Gesamtkatalog des Künstlers bis heute erhalten, es dürfte sich aber schätzungsweise auf knapp 600 Ornamentstiche, erstellt in einem Zeitraum von ca. 25 Jahren, herausgegeben bei verschiedenen Verlegern, erstrecken. Diese Zahl zeigt aber auch schon die Bedeutung, die Habermann in der Zeit hatte. Seine Stiche wurden gekauft und die Vielschichtigkeit der Entwürfe, seien es reine Ornamententwürfe oder klare Gestaltungsideen von konkreten Objekten, sind in dieser Quantität in Deutschland kaum bei einem anderen Künstler der Zeit nachweisbar. Die Kunsthistorikerin Ebba Krull hat das Werk der Ornamentstiche des Entwerfers nach mehreren Kategorien untersucht. Zum einen stellte sie fest, dass es ca. drei Stilstufen gibt, mit denen die Blätter datiert werden können. In der frühesten Stilstufe, die wahrscheinlich bis ca. 1750 zu datieren ist, wirkt die Rocaille als zentrales Element noch sehr massiv und kaum bewegt (ein Beispiel sind die Gartenarchitekturen mit Rocaillen aus der Serie 81). Die zweite Stilstufe hält dann nach Krull bis ca. 1765 an, bei der die Rocaillen leichter wirken, dabei aber durch mehrere Schwünge mehr nach oben aufgebaut werden. Edda Krull nennt hier die Serie 51 als Beispiel. Als letzte Stilstufe der Rocaille-Ornamentstiche bei Habermann sieht sie die Jahre 1765-1770, bei denen die Rocaille mehr als Gerippe als Hauptornament wahrgenommen werden muss, während florale Motive um das Gerippe herum dominieren. Der Kunsthistoriker Hermann Bauer beschreibt in seiner Dissertation rund um das Ornament der Rocaille diese Form als "Erdrocaille" (Hermann Bauer, Rocaille - Zur Herkunft und zum Wesen eines Ornament-Motivs [in: Neue Münchener Beiträge zur Kunstgeschichte, hrsg. von Hans Sedlmayr, Bd. 4], Berlin 1962, S. 56). Neben dieser zeitlichen Einteilung lassen sich die Habermann-Stiche auch thematisch untergliedern. Krull unterscheidet in einer ersten, groben Einteilung zwischen funktionsbestimmten Ornamentstichen, bei denen es sich um Entwürfe für klar definierbare Objekte wie Möbel, Pokale oder für Kirchenausstattungen handelt, und reinen Ornamententwürfen ohne eindeutig klare Bestimmung. In diese zweite Gruppe fallen verschiedene Entwürfe und Darstellungen des Ornaments. Darunter fallen Einzelentwürfe, bei denen weder die Materialität noch der dekorative Zusammenhang des Ornaments erkennbar sind (z. B. Serie 15). Der genaue Zweck dieser Stiche ist nicht klar, es besteht die Möglichkeit, dass diese für den Zeichenunterricht angefertigt wurden. Anders hingegen ist es mit sogenannten "Sammelentwürfen", bei denen mehrere Entwürfe für kleine Objekte wie einem Tischbein, Rahmenteilstücke oder ähnlichen erkennbar sind. Weniger für das Kunsthandwerk interessant sind die freieren Ornamententwürfe in Verbindung mit Architekturfragmenten, allegorischen Themen, sowie Landschaften (Krull bezeichnet diese Gruppe als Rocaille-Aufbau und Capricci. Zuletzt finden sich auch Kartuschen- und Vignettenentwürfe im Schaffen Habermanns. Zu den einzelnen Themen bei Habermann siehe Ebba Krull, Franz Xaver Habermann (1721-1796) - Ein Augsburger Ornamentist des Rokoko, Augsburg (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg - Schriftreihe des Stadtarchivs Augsburg, Bd. 23) 1977, S. 46-55.

Die Blätter wurden in der Regel in Form von Vierer- bzw. Fünferserien eines Themas herausgegeben. Der Herausgeber der Blätter, Johann Georg Hertel (1700-175), gibt die Blätter mit der jeweiligen Verlagsnummer heraus, die sich auf eben diese Vierer- bzw. Fünferserie bezieht. Dabei ist die Nummerierung unabhängig von den Entwerfern. Die Blätter Habermanns sind auf die Verlagsnummern 10 bis 304 beschränkt, wobei nicht alle Nummern dazwischen von Habermann stammen. Sie geht insgesamt davon aus, dass Habermann nur 88 Serien zum Werkkatalog Hertels beigesteuert hat. Mit Blättern aus 33 unterschiedlichen Serien ist somit in diesem Konvolut mehr als ein Drittel des bei Hertel erschienenen Schaffens von Habermann vertreten.

Das Konvolut besteht aus folgenden Serien (nach der Verlagsseriennummer von Hertel): Serie 15, Blatt 1-4: Verschiedene kleinteilige Rokokoornamente. Serie 29, Blatt 2: Entwurf eines Rahmens. Serie 51, Blatt 1-3: Fantasie-Ornamentik einer Rocaille-Form. Serie 53, Blatt 1: Ornament-Entwurf mit einem Putto mit Mitra. Serie 57, Blatt 3-4: Entwürfe für Tische, Wandkonsolen und Wandgestaltungen. Serie 76, Blatt 3: Unklare Ornament-Entwürfe. Serie 81, Blatt 1-4: Rocaille-Formen in angedeuteten Gartenlandschaften. Serie 85, Blatt 4: Entwürfe für oberen Abschluss von Rahmenelementen. Serie 87, Blatt 1, 3-4: Betitelt "Ornements des Fenêtres - Fenster Auszierungen". Serie 104, Blatt 1-4: Verschieden nutzbare Rocaille-Formen. Serie 107, Blatt 4: Freie Interpretation einer Rocaille als Treppe mit Baldachin. Serie 111, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaille-Formen. Serie 113, Blatt 1: Rocaille auf Podest, dabei zwei Putten in der Ornamentik spielend. Serie 117, Blatt 1-4: Entwürfe für Wandgestaltungen. Serie 119, Blatt 4: Entwurf einer Kanzel. Serie 124, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaillen, ein Blatt mit Sockel eines Kreuzes. Serie 135, Blatt 3: Entwurf einer Wand mit Wandbespannungen. Serie 146, Blatt 1-4: Entwürfe von Wandelementen. Serie 160, Blatt 1-3: Entwürfe von Hochaltären. Serie 163, Blatt 1, 4-5: Entwürfe von Möbeln in dazu passenden Wandkontexten. Serie 164, Blatt 1-4: Kamin-Entwurf mit Wandelementen. Serie 166, Blatt 1: Entwurf einer Kanzel. Serie 168, Blatt 2: Verschiedene Rocaille-Ornamente. Serie 169, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaille-Ornamente. Serie 172, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaille-Ornamente. Serie 177, Blatt 1 und 3: Entwürfe für Orgeln. Serie 182, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaille-Ornamente. Serie 206, Blatt 1-4: Verschiedene Rocaille-Ornamente. Serie 207, Blatt 1-4: Betitelt "Port des Chaises". Serie 274, Blatt 1: Kamin-Entwurf mit Wandelementen. Serie 300, Blatt 1-5: Altar-Entwürfe. Serie 304, Blatt 1-4: Kanzel-Entwürfe.

Provenienz: Nachlass von Dr. Alexander Eugen Herzog von Württemberg (1933-2024).
Adresse der Versteigerung Kunstauktionshaus Neumeister
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