ID 1220311
Los 1 | Lovis Corinth. Apfelstillleben
CORINTH, LOVIS
1858 Tapiau/Ostpreußen - 1925 Zandvoort

Titel: Apfelstillleben.
Datierung: 1920.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 56 x 66cm.
Bezeichnung: Signiert und zweifach datiert oben links: Lovis Corinth 1920 1920.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.


Provenienz:
- Kunsthandlung Dr. Otto Burchard, Berlin
- Lilly von Mallinckrodt-Schnitzler, Frankfurt a. M.
- Privatsammlung (durch Erbfolge)

Ausstellungen:
- Kunsthandlung Ernst Arnold, Dresden 1923
- National-Galerie, Berlin 1926 (Nr. 318)

Literatur:
- Berend-Corinth, Charlotte: Lovis Corinth - Die Gemälde, Werkverzeichnis, neu bearbeitet von Béatrice Hernad, München 1992 (2. Aufl.), WVZ.-Nr. 785, S. 753, Abb.

- Meisterliches Stillleben von besonderer Expressivität wie es selten auf dem Auktionsmarkt angeboten wird
- Eines von den 30 Stillleben, bei denen Corinth Viktualien als Vorlage dienten
- Aus einer Zeit höchster Schaffenskraft, die geprägt ist von einer expressiven, selbstbewussten und spontanen Malerei
- Aus der bedeutenden Sammlung Lilly von Schnitzler und seit knapp 100 Jahren in Familienbesitz

Vom Student zum gefeierten Meister
Lovis Corinth, Sohn eines gutbürgerlichen Gerberei- und Landwirtschafts-Unternehmers aus der Ostpreußischen Provinz, studiert in Königsberg, München, Antwerpen und Paris und erhält die bestmögliche künstlerische Ausbildung. Nach einer ersten Phase in Berlin, Ende der 1880er Jahre, lässt sich Corinth zunächst in München nieder. Dort gerät er jedoch mehr und mehr in die Flügelkämpfe des Kunstbetriebes. In seiner kurzen Berliner Zeit hat er dort Freundschaften geschlossen und arbeitet erfolgreich mit den Galerien Fritz Gurlitts und Eduard Schultes zusammen. Sein Freund Walter Leistikow vermittelt ihm einträgliche Portrait-Aufträge der Berliner Gesellschaft und 1901 übersiedelt Corinth ganz in die Reichshauptstadt.
Im selben Jahr stellt er in der Galerie Paul Cassirers aus und wird Mitglied der Berliner Sezession, bald schon deren Vorstandsmitglied. Die Zusammenarbeit mit Paul Cassirer gestaltet sich überaus erfolgreich. Der Galerist und Verleger vermittelt Ausstellungen Corinths in andere deutsche Städte, er kümmert sich aber auch um den Verkauf der fertigen Bilder des inzwischen gefeierten Meisters direkt aus dem Atelier. In Paul Cassirers Galerie begegnet Corinth zudem den Arbeiten von Paul Cezanne und Eduard Manet, die ihn begeistern. In seiner Pariser Zeit waren die modernen impressionistischen Strömungen von dem jungen Kunststudenten noch nicht wahrgenommen worden. Auch seine Kunst, die im Naturalismus wurzelt, löst die Formen auf, doch kommt Lovis Corinth durch sein Studium der Altmeister, vor allem der Gemälde Rubens', Rembrandts und Frans Hals' zu diesem Ergebnis.
1911 erleidet Lovis Corinth einen Schlaganfall, schafft es aber, trotz großer körperlicher Beeinträchtigung, mit immenser Produktivität weiterzuarbeiten. Sein Malstil ändert sich, wird mit der Zeit aufgelöster und pastoser. Er ist zu dieser Zeit einer der berühmtesten und anerkanntesten deutschen Künstler. 1917 verleiht ihm die Berliner Akademie der Künste den Professoren-Titel und zu seinem 60. Geburtstag richtet die Berliner Sezession eine große Retrospektive für ihn aus. Die Nationalgalerie beginnt systematisch, sein Werk zu sammeln. Nach dem Ersten Weltkrieg zieht sich Lovis Corinth in sein Haus in Urfeld am Walchensee zurück, behält seine Berliner Wohnung in der Klopstockstraße jedoch weiterhin. Auf einer Reise in Holland stirbt Lovis Corinth 1925.

Apfelstillleben
Ein reiner Farbenrausch ist dieses Stillleben aus dem Jahr 1920. Aufgelöst sind die Formen und doch kann sich das Auge recht gut zurechtfinden. Im Vordergrund, ganz nahsichtig, steht eine Schale mit roten und gelben Äpfeln. Die Schale steht nicht wirklich sicher, sie ist leicht gekippt; ist sie doch auf ungeordneten Büchern und Papieren abgestellt. Einige Äpfel liegen neben ihr, vielleicht sind sie von dem schräg stehenden Behältnis hinab gerollt. Hinter einer dieser Früchte, die angeschnitten ist, ist eine kleine, blaue Glasflasche auszumachen und noch weiter in der Tiefe des Raumes ein Korb - so schreibt Charlotte Berend-Corinth im Werkverzeichnis der Gemälde - oder könnte es ein dicker Foliant sein?
Diese Gegenstände bilden das Zentrum des Gemäldes. Zum Rand hin lösen sich die Formen immer mehr auf. Sind es Bilder, die dort an der Wand lehnen? Charlotte Berend-Corinth merkt an, dieses Bild sei in der Klopstockstraße in Berlin entstanden, vielleicht also in Corinths dortigem Atelier.
Mit wildem Pinselstrich hat der Maler die Farbe dick auf die Leinwand gepeitscht. Pastos und in ungemeiner Frische steht das Malmaterial auch nach 100 Jahren noch auf dem Untergrund. Der Farbkanon von Rot- und Rosatönen mit Beige/Gelb sowie Schwarz und Weiß wird von einigen blauen Partien gekontert. Licht fällt auf die Früchte und reflektiert in hellen Lichtern. Es herrscht eine heitere, positive Grundstimmung in der leichten Unordnung dieses ungeheuer modern wirkenden Gemäldes.

Der junge Lovis Corinth ist ein Menschenmaler. Bildnisse, Akte, Szenen aus der Mythologie oder biblische Geschichten, die er entmystifiziert, das sind zunächst seine Themenkreise. Landschaften und Stillleben wendet er sich erst als reifer Künstler intensiv zu. Für sie wird er bis heute besonders gefeiert.
Das "Apfelstillleben" ist ein Spätwerk, das in der Farbigkeit der verwendeten Palette an Corinths Blumenstillleben erinnert. Emotionen, die seine jungen, expressionistischen Zeitgenossen 1920 mit grellen Farben und starken Linien auf die Leinwand bringen, schafft er mit seinem fast groben, pastosen Malduktus und der weitgehenden Auflösung der Form.
Der große Kunsthistoriker und Schriftsteller Julius Meier-Graefe hat in einem Ausstellungsvorwort 1922 über Lovis Corinth geschrieben: "Der alte Corinth wächst langsam in eine rembrandthafte Atmosphäre hinein. Die Hand zittert und das bekommt den Bildern. Nur ist es kein rembrandthaftes Dunkel, in das er hineinwächst. . [es] taucht der Kolorist die Erscheinung in jugendprangende Farbe. . Farbe ist Trumph. Corinths Entwicklung verläuft abseits von der Strömung. Da ist kein Einfluss von Außen, der seine letzte und beste Zeit bestimmt." (Maier-Graefe, Julius zit. nach Geleitwort zum Ausst.-Kat. Handzeichnungen und Aquarelle von Lovis Corinth, Kunsthandel Dr. Erwin Rosenthal, Berlin 1922)
Besondere Beachtung verdient die Provenienz-Geschichte dieses absolut marktfrischen Werkes: Bei der großen Corinth-Gedächtnis-Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie, 1926, wird das Gemälde noch im Besitz des Kunsthändlers Dr. Otto Burchard gelistet. Das Werkverzeichnis der Gemälde von 1958 führt als Besitzerin Lilly von Schnitzler in Frankfurt auf.
Es handelt sich um die in Köln gebürtige Lilly von Mallinckrodt-Schnitzler (1889 - 1981) aus der Familie der Industriellen von Mallinckrodts und verheiratet mit dem Vorstandsmitglied der IG Farben, Georg von Schnitzler. Lilly von Schnitzler war eine Kunstsammlerin und Mäzenin und eine besondere Förderin Max Beckmanns. Sie unterhielt seit den 1920er Jahren in ihrer Villa in Frankfurt am Main einen Salon, der ein kulturelles und gesellschaftliches Zentrum der Stadt war. Aus ihrem Besitz ist das "Apfelstillleben" vermutlich seit der 2. Hälfte der 1920er Jahre bis heute in direkter Erbfolge im Familienbesitz geblieben.
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