Marco Ricci. Felsige Uferlandschaft

Los 614
07.12.2023 14:00UTC +01:00
Classic
Startpreis
€ 20 000
AuctioneerKunstauktionshaus Neumeister
VeranstaltungsortDeutschland, München
Aufgeld30%
Archiv
Die Auktion ist abgeschlossen. Es können keine Gebote mehr abgegeben werden.
Archive
ID 1087568
Los 614 | Marco Ricci. Felsige Uferlandschaft
Schätzwert
€ 20 000 – 30 000
Marco Ricci
Felsige Uferlandschaft
Im Vordergrund Segelschiffe. Ursprünglich auf der Leinwandrückseite bezeichnet "4 f - 10 = by 4 = 7". Öl auf Lwd. 145,5 x 114 cm. Doubliert. Rest. Min. besch. Rahmen (am unteren Rand bezeichnet "S. Ricci") mit aufwändig beschnitztem und vergoldetem Dekor besch. (171,5 x 137 cm).

9. November 1940: Ein verheerendes Feuer, ausgelöst durch einen Schornsteinbrand, zerstört Teile von Castle Howard. Der 3. Earl of Carlisle hatte am Ende des 17. Jahrhunderts seinen Freund, den damals noch unerfahrenen Architekten John Vanbrugh, mit dem Bau dieses prächtigen Palastes beauftragt. Die Bauleitung übernahm weitgehend Nicholas Hawksmoor, ein ehemaliger Mitarbeiter Christopher Wrens. Die Planungen begannen 1699, die eigentlichen Arbeiten waren 1712 abgeschlossen, der Westflügel wurde 1759 beendet. Castle Howard war ein zu seiner Entstehungszeit einmaliges Gebäude, das alle anderen vergleichbaren Bauprojekte des englischen Adels an Pracht übertraf. Es wurde zum Vorbild für zahlreiche andere Landsitze.

Zurück in das Jahr 1940: "The fire began in the East wing of the house and, quickly spreading, gutted the State Rooms in that part of the building. In the central block the High Saloon suffered the same fate, and eventually the entire dome fell in, Phaeton thus once again crashing to earth [Phaeton war auf dem Deckengemälde Giovanni Antonio Pellegrinis dargestellt]." Zahlreiche Kunstschätze gingen im Feuer zugrunde. Darunter waren auch Werke Marco Riccis, von dem eine Reihe von Supaportgemälden stammte. "This remarkable series, concerning which nothing has ever been published, has suffered severe losses; but somtehing like a dozen examples of Marco Riccis work still survive at Castle Howard." (Tancred Borenius, Castle Howard and its lost treasures, in: The Burlington Magazine, Januar 1941, S. 4).

Der Wiederaufbau von Castle Howard dauerte Jahrzehnte. Auch um die hohen Kosten der Restaurierung zu finanzieren, entschloss sich Simon Howard, 2022 verstorbener Nachfahre des Bauherrn, im Jahre 1991, eine große Auktion zu veranstalten. "The pieces we are selling have not been seen publicly for over fifty years", schrieb er im Vorwort zum Auktionskatalog. Mit Katalognummer 482 kam damals das vorliegende Werk zur Versteigerung. Fälschlicherweise als Arbeit Sebastiano Riccis katalogisiert, zeugte auch dieses Gemälde von der zerstörerischen Kraft der Feuersbrunst. Wie 1992 der Restaurierungsbericht des Restaurators Peter R. Pracher, Würzburg, offenlegt, war die Leinwand durch Risse beschädigt, im Himmel gab es eine Fehlstelle. Die Leinwand wies starke Oxydationsspuren auf, vermutlich durch die starke Hitze beim Brand verursacht. Erworben wurde das Gemälde mit einer dicken Staubschicht, die auf jahrzehntelange Lagerung schließen lässt.

In einem Schreiben an den Käufer des Gemäldes, der ihm eine Fotografie des frisch restaurierten Gemäldes übersendet hatte, berichtet Simon Howard im Jahre 1992, dass er weitere zehn Gemälde Riccis restaurieren habe lassen. Er sei "delighted to say that they are of comparable quality".

Marco Ricci, Sohn eines Landschaftsmalers und Kupferstechers, war Neffe und Schüler von Sebastiano Ricci (1659 Belluno - 1734 Venedig). Dieser schickte ihn, nachdem Marco im Streit einen Gondoliere erschlagen haben soll, nach Split, wo er vier Jahre lang bei einem uns unbekannten Künstler in die Lehre ging. 1706 und 1707 findet man beide Riccis in Florenz, wo Marco Sebastiano bei der Ausmalung der Palazzi Marucelli und Pitti assistiert. Für Ferdinando de Medici entstehen Landschaftsgemälde.

Am 12. Oktober 1706 bricht Marco Ricci zusammen mit Giovanni Antonio Pellegrini nach England auf. Er folgt damit einer Einladung des englischen Diplomaten Charles Montagu. Ricci und Pellegrini arbeiten anfangs als Bühnenmaler am Queens Theatre am Haymarket. Beide Künstler werden auch nach Castle Howard berufen. Nach einem Zerwürfnis mit Pellegrini kehrt Ricci 1710 nach Venedig zurück. Allerdings reist er zusammen mit seinem Onkel 1711/12 erneut nach England, wo beide eng zusammenarbeiten.

Marco Ricci gilt als Begründer der venezianischen Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts und künstlerischer Vorläufer von Antonio Canal, gen. Canaletto, Bernardo Bellotto und Giovanni Battista Piranesi.

Provenienz: Auktion "Castle Howard", Sothebys, 11.-13. November 1991, Kat.-Nr. 482 (mit Abb.). - Seitdem deutsche Privatsammlung.
Adresse der Versteigerung Kunstauktionshaus Neumeister
Barer Str. 37
80799 München
Deutschland
Vorschau
30.11.2023 10:00 – 17:00
01.12.2023 10:00 – 17:00
02.12.2023 10:00 – 15:00
03.12.2023 10:00 – 15:00
04.12.2023 10:00 – 17:00
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