ID 1218059
Lot 1542 | Keris mit Griff aus Elfenbein
Estimate value
€ 3 000 – 5 000
L. 56 cm
Dieser Keris hat eine hochkarätige balinesische Klinge, die in einem nordjavanischen figuralen Griff sitzt. Die Klinge hat 13 Wellen (luk). Die Form wird Quellen zufolge dhapur banaspati oder kalawija genannt, in Bezug auf das in detaillierten Eisenschnitt ausgeführte dämonische kala-Haupt an der gandik, der kurzen verdickten Fehlschärfe. Die Klinge (bilah, wilah) hat in Größe, Form und Stärke typisch balinesische Merkmale. Klassisch balinesisch ist auch die sehr gut geglättete Oberfläche (di nruwing, garapan) mit der glänzenden Schwefelarsenik-Patina, die recht gut erhalten ist. An der ausladenden Seite (kepet; „Schwanz“) von Klinge und ganja (das aufgesetzte Querstück aus demselben Material wie die Klinge) hat sie ausgeprägte greneng, die im Schnitt ebenfalls ganz typisch für Bali sind. Mit Vorbehalt kann anhand von Vergleichsbeispielen auf eine Herkunft aus Nordbali (Singaraja) geschlossen werden. Einen balinesischen Habitus hat auch das pamor (Schweissmuster), das auf geringer Lagendichte ohne Mustersteuerung (beras wutah) basiert, aber fehlerfrei geschmiedet ist. Die ganja (Querstück) war in flacher Auflage mit Rankenwerk aus Gold belegt, was für einen hochrangigen früheren Besitzer bzw. Auftraggeber spricht.Wahrscheinlich ist auch der aufwändig gearbeitete figurale Elfenbein-Griff in Nord-Bali oder eventuell in Nordost-Java entstanden. Er stellt eine groteske, leicht geneigte Figur mit stilisierten Fangzähnen aus dem shivaitischen Pantheon dar (gana), die floral-ornamental aufgelöst ist. Die Form des Griffes ist spezifisch für Nordjava (Bantam, Semarang) nachgewiesen. An nordost-javanischen Zentren, wo der Keris eine wichtige Rolle spielt(e), kommen für die Herkunft Pasuruan, Tuban, Gresik und auch Banjuwangi (direkt) gegenüber von Bali durchaus in Frage. Die Griff-Figur mit Hibiskus-Blüten hinter dem Ohr und dem abgewinkelten Fuß als Verweis auf die „Andersartigkeit“ bzw. jenseitige Welt und zur Ableitung übelwollender Einflüsse hat stilistisch eindeutige balinesische Bezüge. Die Figur erhebt sich in „lässiger“ lalita-Meditationshaltung auf einem stark verfremdeten tumpal-Sockel, der mit alt-indonesischen Ahnen-Vorstellungen verknüpft ist und das Ineinandergreifen der Daseinsebenen verkörpert. Die Scheide aus trembalo-Holz hat typisch maduresische Ausprägung. Sie ist in der gerundeten gayaman-Form gehalten, die eine Entwicklung des 17. oder 18. Jahrhunderts ist. Sie korrespondiert nicht so richtig mit der Qualität von Griff und Klinge und ist wohl nicht ursprünglich zugehörig zur Klinge. Nicht nur die Form der Scheide, sondern auch die Art der oben geschlossenen pendok, der metallenen Überscheide, die aus einer Silberlegierung besteht, sind typisch für Madura, oder das gegenüberliegende javanische Gebiet. Als Ensemble spricht vieles, unter anderem die „maduresische“ Beschaffenheit der Scheide, für eine nordostjavanische Montierung eines balinesischen kadutan im 19. Jahrhundert.
Aus einer alten deutschen Privatsammlung seit den 1950er Jahren gesammelt - Die EU-Verkaufsgenehmigung für dieses Lot liegt vor - Minim. Altersspuren, der Griff partiell mit wenigen, feinen Altersrissen
Lit.: Groneman, I. (1910): Der Kris der Javaner. Internationales Archiv für Ethnografie XIX. - Guritno, H. (2005): Keris Jawa. Jakarta. - Hidayat, M. M. (2013): Keris Indonesia. Estetika dan Makna Filosofi. Jakarta. - Jensen, K. S. (2007): Krisdisk: Krisses from Indonesia, Malaysia and the Philippines. Kopenhagen. - Weihrauch, A. G. (2002): Ursprung und Entwicklungsgeschichte des Indonesischen Keris. Basel (Dissertation)
Auction house category: | Ethnographic tribal art |
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