ID 1337703
Los 7 | Gerhard Marcks. Alcina I
Schätzwert
40000EUR € 40 000 – 60 000
1889 Berlin - 1981 Burgbrohl
Titel: Alcina I.
Datierung: 1934 (Entwurf).
Technik: Bronze, braun patiniert.
Maße: 110 x 39 x 24cm.
Bezeichnung: Künstlersignet am Saum hinten. Hier zudem bezeichnet: 1.
Gießerstempel: Daneben Gießerstempel: H. NOACK BERLIN FRIEDENAU.
Bei dieser Bronze handelt es sich um eines von zwei Exemplaren der ersten Fassung.
Provenienz:
- Buchholz Gallery/Curt Valentin, New York
- Sammlung Morton D. Day, Saint Louis
- Sammlung Laura Bramlette, Houston
- Privatsammlung Nordrhein-Westfalen
Literatur:
- Busch, Günter/Rudloff, Martina: Gerhard Marcks - Das plastische Werk. Mit einem Werkverzeichnis von Martina Rudloff, Frankfurt a.M./Berlin/Wien 1979 (2. Aufl.), WVZ.-Nr. 290, Abb.
-Nach einer Oper von Georg Friedrich Händel betitelt, die den Künstler und das Modell miteinander verbindet
-Modell für die Skulptur stand Trude Jalowetz, die Marcks in seiner Zeit in Halle/Saale kennenlernte
-Allansichtig spannende Skulptur mit feinen Details und Konturen und starker räumlicher Präsenz
Die Grundlagen der Bildhauerei
Nachdem Gerhard Marcks (1889-1981) die Töpferei des Weimarer Bauhauses in Dornburg geleitet hatte, wechselte er 1925 an die Burg Giebichenstein in Halle. In der Auseinandersetzung mit seinen Malerkollegen am Bauhaus, allen voran Lyonel Feininger (1871-1956), hatte er angefangen, die Grundlagen der Bildhauerei zu untersuchen. So wie die Maler am Bauhaus Linie, Farbe, Fläche und Kontraste im Bild thematisierten, beschäftigte er sich mit den Grundkategorien seines Mediums: Volumen, Negativräume und plastische Kontraste zwischen konkav und konvex, zwischen flach und rund, zwischen Flächen und Kanten. Vor allem Feininger bestärkte ihn darin, dass diese abstrakten Kategorien und die Darstellung der Wirklichkeit sich keineswegs ausschließen (wie es die radikaleren Künstler am Bauhaus behaupteten), sondern sich gegenseitig verstärken können. Aus dieser Haltung heraus entdeckte er für sich die archaische griechische Skulptur und das Werk von Auguste Rodin (1840-1917). Im nächsten Schritt entstand daraus eine Art künstlerisches Programm, an dem er bis zu seinem Tod festhalten sollte: Es gehe darum, in jedem einzelnen Werk bildhauerische Form und die lebendige Natur in ein Gleichgewicht zu bringen.
1931 war Marcks der jüngste Bildhauer, der in der Ausstellung "German Painting and Sculpture" im Museum of Modern Art in New York gezeigt wurde und Ende 1932 zeigte die renommierte Berliner Galerie Flechtheim sein Werk in einer großen Präsentation. Sein Aufstieg endete im April 1933, als er von den neuen nationalsozialistischen Machthabern entlassen wurde. In den Jahren darauf kristallisierte sich in Deutschland eine Kunstpolitik heraus, in der er als "entartet" galt. Erstens galt er als verhasster moderner Künstler der Weimarer Republik. Zweitens entzog sich seine Kunst der rassistischen Instrumentalisierung, da er nicht idealisierte und die vereinfachte Form betonte.
"Alcina"
Marcks bevorzugte Modelle aus seiner unmittelbaren Umgebung, Familie, Freunde, Kollegen und Studierende. Es galt, gerade nicht die überlieferten Posen der akademischen Tradition zu wiederholen, sondern im Sinne Rodins einen modernen Ausdruck zu finden. Zwischen 1931 und 1935 schuf Marcks 29 Skulpturen nach Trude Jalowetz (1910-1976), einer Studentin der Webklasse der Burg Giebichenstein, die als Jüdin 1933 das Land verlassen musste. Kurz darauf besuchte er sie in den Niederlanden und dort entstanden die Zeichnungen, aus der er 1934, zurück in Deutschland, die beiden Fassungen der "Alcina" entwickelte. Marcks zeichnete nach dem Modell, um markante Umrisslinien zu finden, die er dann - ohne Modell - in plastische Formen umsetzte. Typisch für Marcks ist bei der "Alcina", wie er die Arme an den Körper legt und sie ohne Durchbrüche mit dem großen Volumen des Gewandes verbindet. Von vorne betrachtet, scheint die Haltung der stehenden Frau durch, von hinten dominiert das abstrakte Spiel mit den großen vertikalen Furchen des Gewandes. Wer die Plastik langsam Schritt für Schritt umgeht, entdeckt wie gerade über die Umrisse immer wieder die Naturbeobachtung durchscheint. Auffälligstes realistisches Detail sind die Rüschenärmel des Kleides (das damit explizit als Nachthemd identifizierbar wird), die Marcks in der zweiten Fassung (ebenfalls 1934) zusammen mit der Frisur der Frau veränderte. Der Titel zitiert eine Oper Georg Friedrich Händels (1685-1759) und verweist melancholisch auf die vergangene gemeinsame Zeit in Halle, als in der Wohnung des Bildhauers oft eine Schallplatte mit der "Alcina-Suite" (die Ouvertüre und die Tänze aus der Oper) gespielt wurde.
Werke nach Trude Jalowetz tauchten bis in die 1940er-Jahre in der deutschen Öffentlichkeit auf. Ein kleines Netzwerk von Liebhabern moderner Kunst unterstützte Marcks unter den Bedingungen der Diktatur und bis 1941 konnte er auch in die USA verkaufen, wohin einige seiner jüdischen Sammler geflüchtet waren. Curt Valentin (1902-1954), ein ehemaliger Mitarbeiter Flechtheims, eröffnete 1937 die Buchholz Gallery in New York und soweit heute rekonstruierbar, gelangte der in der Auktion präsentierte erste Guss von "Alcina" über Valentin in den späten 1940er-Jahren in die Sammlung des Kaufhausbesitzers Morton D. May (1914-1983) in St. Louis.
Arie Hartog.
Künstler: | Gerhard Marcks (1889 - 1981) |
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Kategorie des Auktionshauses: | Moderne Objekte |
Künstler: | Gerhard Marcks (1889 - 1981) |
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Kategorie des Auktionshauses: | Moderne Objekte |
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