ID 1337758
Los 35 | Karel Appel. Bathing Woman
Schätzwert
€ 150 000 – 200 000
APPEL, KAREL
1921 Amsterdam - 2006 Zürich

Titel: Bathing Woman.
Datierung: 1962.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 162 x 130cm.
Bezeichnung: Signiert unten mittig: appel. Mehrfach bezeichnet verso: x62-003.
Rahmen/Sockel: Rahmen.


Provenienz:
- Galerie Ulysses, Wien (Aufkleber)
- Privatsammlung Nordrhein-Westfalen


- Spannende Auseinandersetzung des Künstlers mit tradierten Motiven von hoher Bedeutung in der Kunstgeschichte
- Attraktives Format in Appels brachialer Formensprache mit besonders ausgeprägtem Gestus


Existenzielle Freiheit und die Auflösung der Form
Der niederländische Maler, Grafiker und Bildhauer Karel Appel erlangt weltweite Bekanntheit als Avantgardist der Nachkriegszeit und Gründungsmitglied von CoBrA, eine Künstlergruppe abstrakter Ausrichtung, die 1948 in Paris gegründet wird.
In Entsprechung der vorherrschenden abstrakten Tendenzen, vom Surrealismus und der "Art Brut" beeinflusst, steht der vordergründige Ausdruck der Imagination im Zentrum von Appels künstlerischer Auseinandersetzung. Bestimmend für seinen Stil ist eine an der Kunst von Picasso, Matisse und Dubuffet angelehnte unmittelbare, urwüchsige Darstellungsform. Die von massiven Umwälzungen bestimmte Zeit verlangt nach der direkten, unvermittelten Umsetzung des Unterbewussten ohne die Intervention eines reflektierenden, rationalisierenden Bewusstseins. Trotzdem äußert sich das aus einem existenziellen Bedürfnis nach geistiger Freiheit aufkommende Abstraktionsbemühen nicht in einer kategorischen Ablehnung von Gegenständlichkeit. Vielmehr verwendet Appel immer Formen, die auf Gegenständen basieren. Dennoch vollzieht sich in seinem Oeuvre die Auflösung der Grenzen des Gegenstands zugunsten einer stark emotionalen Qualität, die direkt aus dem malerischen Tun, der spontanen Einwirkung auf die Materie der Farbe, der Bewältigung der Malmasse, entspringt. In seinen Kompositionen tritt die Figuration in ein spannungsvolles Wechselspiel mit dem reinen Rhythmus der Malerei, der sich mitunter in einer gewaltvollen Gestik entlädt.

Karel Appel und die Badenden
In der hier zum Aufruf kommenden Arbeit greift Appel das in der Kunstgeschichte tradierte Motiv der Badenden auf. Während die Darstellungen der Badenden von Rembrandt über Cezanne bis hin zu den Expressionisten wie Kirchner oft harmonisch und idyllisch wirkten, verleiht Appel dem Sujet eine eruptive Dynamik und emotionale Tiefe. Die unbekleideten Figuren der Frauen in hüfthohem Wasser scheinen weniger als reale Körper, sondern vielmehr als rohe, expressive Formen dargestellt zu sein. Appel löst die Form auf und setzt sie mit energischen Pinselstrichen in kräftigen Farben neu zusammen, wodurch er einen intensiven, fast archaischen Eindruck von Körperlichkeit erzeugt.
Die dargestellte Szene erinnert bei intensiver Betrachtung an einen Ausschnitt aus dem Garten der Lüste (Abb. 1) von Hieronymus Bosch und verweist so auf die vielfältigen kunsthistorischen Einflüsse, die Eingang in Appels Werk gefunden haben. Boschs Werke - so auch das Ende des 15. Jahrhunderts geschaffene monumentale Triptychon - wimmeln vor alptraumhaften Kreaturen. Der Ausschnitt aus dem Garten der Lüste stammt aus der namensgebenden Mitteltafel des Triptychons, in der Mensch, Tier und Fabelwesen friedfertig im Einklang miteinander leben - eine inhaltliche Dimension, die auch Appel immer wieder in seinen Werken aufgreift. Die beiden Badenden - bei Bosch in einer blasenartigen Struktur eingeschlossen - werden von einer Vielzahl von Figuren umringt. Besonders fällt hierbei die rote Sphäre rechts von den Badenden auf, deren Pendant auch in Appels Werk eine raumgreifende Rolle einnimmt. Im Vordergrund zeigt Bosch ein Mischwesen aus Mensch und Miesmuschel und auch bei Appel findet sich an entsprechender Stelle eine undefinierbare Figur, bei deren Darstellung ein verstörender Unterton mitschwingt.
Neben diesen erkennbaren Elementen bleibt jedoch vieles im Unklaren: Die dunklen, fast bedrohlich wirkenden Formen im Hintergrund, die an ein nächtliches Szenario erinnern, eröffnen einen Raum für vielschichtige Interpretationen. Hier zeigt sich Appels charakteristische Unbestimmtheit, die den Betrachter in eine Welt zwischen Traum und Wirklichkeit entführt.
Appels Werk zeugt von seiner intensiven Auseinandersetzung mit der modernen Malerei und den inneren Konflikten der menschlichen Existenz. Mit seinen expressiven Linien und Farben, die die Grenzen der Figuration sprengen, fordert er eine tiefe, fast körperliche Reaktion auf seine Bilder heraus und lädt gleichzeitig zu einer kontemplativen Reflexion über die Rolle des Menschen in der Natur ein.
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