Paula Modersohn-Becker. Birkenstämme vor rotem Gehöft

Schätzwert
€ 70 000 – 100 000
AuktionsdatumClassic
05.06.2024 18:00UTC +02:00
Gebotsannahme für diese Auktion geschlossen
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Auctioneer
VAN HAM Kunstauktionen GmbH
Veranstaltungsort
Deutschland, Köln
ID 1220314
Los 4 | Paula Modersohn-Becker. Birkenstämme vor rotem Gehöft
MODERSOHN-BECKER, PAULA
1876 Dresden - 1907 Worpswede

Titel: Birkenstämme vor rotem Gehöft.
Datierung: Um 1901.
Technik: Öl auf Malkarton.
Maße: 56 x 41cm.
Bezeichnung: Monogrammiert unten rechts: P.M-B. Verso unleserlich bezeichnet (verblasst).
Rahmen/Sockel: Rahmen.


Dem Werk liegt ein Zertifikat von Prof. Dr. Günter Busch, Bremen, vom 8. Mai 1990 bei.

Provenienz:
- Galerie Bertram, Bremen 1990
- Privatsammlung Hessen

Ausstellungen:
- Galerie Bertram, Bremen 1990

Literatur:
- Busch, Günther/Werner, Wolfgang (Hrsg.): Paula Modersohn-Becker, 1876-1907 - Werkverzeichnis der Gemälde, Bd. II, München 1998, WVZ.-Nr. 255, Abb. (hier mit leicht abweichenden Maßangaben)
- Ausst.-Kat. Paula Modersohn-Becker, Galerie Bertram, Bremen 1990, S. 35, Abb.

- Die weißen Birkenstämme und roten Gehöfte sind charakteristische Merkmale der Worpsweder Landschaft
- Die neu gewonnenen künstlerischen Eindrücke aus ihrem ersten Parisaufenthalt im Jahr 1900 verarbeitet die Künstlerin in ihren Bildern
- Entstanden im Jahr der Hochzeit mit Otto Modersohn, die zeitgleich eine Phase großer Schaffenskraft war

Die künstlerische Entwicklung zwischen Worpswede und Paris
Paula Becker stammt aus einer kultivierten aber nicht sehr wohlhabenden Familie. Als drittes von sieben Kindern besucht sie, dem Willen ihres Vaters folgend, ein Lehrerinnen-Seminar, handelt aber aus, dass sie nebenher privaten Malunterricht nehmen darf. Denn bereits bei einem halbjährigen England-Aufenthalt hat die 16-jährige Paula Becker ihre Leidenschaft für das Zeichnen und Malen entdeckt und intensiven ersten Unterricht nehmen können.
Nach beendeter Ausbildung ermöglichen die Eltern und Verwandte in Berlin der jungen Frau ihre künstlerischen Studien an der Malschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen fortzusetzen.
Durch eine kleine Erbschaft kann Paula Becker ab 1898, ihre künstlerische Ausbildung alleine vorantreiben. Sie nimmt Malunterricht bei Fritz Mackensen in Worpswede und kommt so in Kontakt zu den dortigen Künstlern, wie Otto Modersohn, Heinrich Vogeler und Fritz Overbeck. Nach einer ersten Ausstellungsbeteiligung mit zwei Gemälden in der Bremer Kunsthalle, die sehr negativ kritisiert wurde, geht Paula Becker 1900 zum ersten Mal nach Paris. Hier sammelt sie ein halbes Jahr lang intensive Eindrücke in den Museen, studiert an der privaten Académie Colarossi und setzt sich intensiv mit Werken Paul Cézannes und der Künstlergruppe Nabis auseinander. Nach ihrer Rückkehr nach Worpswede heiratet Paula Becker 1901 den verwitweten Otto Modersohn und nimmt den Doppelnamen Modersohn-Becker an. Aber Paris bleibt ihre zweite Heimat. Immer wieder (1903, 1905, 1906) zieht es die junge Malerin aus dem abgeschiedenen, bäuerlichen Worpswede in die quirlige Metropole Paris. Sie belegt Kurse an der Académie Julian und an der École des Beaux Arts, ist am künstlerischen Puls der Zeit und setzt sich mit Werken Paul Gauguins aber auch mit japanischen Holzschnitte auseinander. 1907 stirbt Paula Modersohn-Becker mit 31 Jahren nach der Geburt ihrer Tochter in Worpswede.

Birkenstämme vor rotem Gehöft
Einen bemerkenswert engen Winkel hat die Malerin als Bildausschnitt gewählt.
Vor einer roten, den Bildhintergrund weitgehend verstellenden Mauer stehen drei Birken dominierend nah im Vordergrund. Fuß und Stamm der Bäume sind sichtbar, nicht aber ihre Krone. Nur ein paar wenige Blätter sind am oberen Bildrand zu erkennen. Der rot-braun-grau getönte Boden des Geländes fällt zum rechten Bildrand hin ab. Grüne und gelbe Flecken deuten ganz summarisch auf Vegetation hin. Die Szenerie wird im Hintergrund durch ein ebenfalls rotes aber heller getöntes Haus, mit erkennbarem Dach und Sprossenfenstern, abgeschlossen. Davor, im Mittelgrund stehen drei weitere Birkenstämme mit etwas mehr Grün. Ein hellgrauer, milchiger Himmel ist am oberen Bildrand die hellste Partie des Gemäldes, die die Komposition keilförmig abschließt.
Wie Gitterstäbe versperren die vorderen Stämme den Zugang zu dem Ort, der partiell vage bleibt. Wo genau verläuft die Grenze zwischen dem rötlichen Erdboden und der dunkelroten Mauer? Handelt es sich hierbei vielleicht doch um die Giebelwand eines Gebäudes, dessen Ecke durch den mittleren Birkenstamm verdeckt wird? Der zur Seite abfallende Boden des Geländes steigert die optische Unsicherheit. Durch den fehlenden festen Halt, die gedämpften, schattenlosen Lichtverhältnisse und den begrenzten und versperrten Bildausschnitt ist diesem Gemälde Paula Modersohn-Beckers eine ganz intensive Atmosphäre eigen.

Atmosphärische Landschaftsdarstellungen
"In allerletzter Zeit denke ich wieder ganz intensif [sic] an meine Kunst und ich glaube es geht vorwärts in mir. Sogar bekomme ich, glaube ich ein Verhältnis zur Sonne. Nicht zu der Sonne, die alles teilt und überall Schatten hinsetzt und das Bild in tausend Teile zerpflückt, sondern zu der Sonne, die brütet und die Dinge grau macht und schwer und sie alle in dieser grauen Schwere verbindet, auf daß sie eines sind." (Zit. nach der Webseite der Paula-Modersohn-Becker-Stiftung: www.pmb-stiftung.de/biographie.html) schreibt Paula Becker einige Tage vor ihrer Hochzeit, am 13.5.1901 an Clara Rilke-Westhoff.

Um 1901 wird das vorliegende Gemälde datiert. Nach ihrem ersten Paris-Aufenthalt ist Paula Modersohn-Becker zurück im provinziell ländlichen Worpswede. In ihrer Arbeit verbindet Sie die abstrahierende, flächige Malweise, die sie in der französischen Metropole, speziell durch die Künstler des Nabis-Kreises kennenlernte mit den Themen ihrer direkten Umgebung. In dieser Zeit malt Paula überwiegend Landschaften. Die säulenhaften, angeschnittenen und so abstrakt gesehenen Birkenstämme sind ein häufig wiederkehrendes Motiv in ihren Arbeiten. Die flächenhafte Wiedergabe von Architektur, Erdboden und Himmel reduziert diese ganz auf die Farbe. Die erzielte Gleichwertigkeit der Bildelemente steigert di Atmosphäre auf subtile Art.
Besonders deutlich wird dies im Vergleich mit dem Gemälde "Birkenstämme vor roter Hauswand" (WVZ 257, ebenfalls auf 1901 datiert) in der Paula-Modersohn-Becker-Stiftung. Hier entscheidet sich die Künstlerin für einen engeren Bildausschnitt, verzichtet aber ganz auf den Himmel und zeigt die Architektur wesentlich räumlicher. Das Aufeinandertreffen der abstrakten Farbflächen, das in unserem Gemälde Thema ist, fehlt dort.
Das vorliegende Gemälde steht exemplarisch für die Sonderrolle, die Paula Modersohn-Becker in den Anfängen des deutschen Expressionismus spielt.
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