Paul Mathias Padua

Paul Mathias Padua: Empfindsamme Kraftnatur

Paul Mathias Padua wird 1903 als uneheliches Kind in Salzburg geboren. Den Vater lernt er nie kennen, die Mutter lässt ihn links liegen, macht ihn sogar für ihr Unglück verantwortlich und hält dem Sohn vor, dass sie ihn besser im Bad hätte ertränken sollen. Sodann landet der Kleine beim Großvater im niederbayerischen Geiselhöring und wächst dort in ärmlichen Verhältnissen auf. Er besucht die Schule, arbeitet nebenbei auf den Feldern und beginnt früh mit dem Zeichnen. „Die Gegend war so bäuerlich, daß ich ein Leben lang mit den Bauern verwurzelt war. Ich wuchs zu einem kräftigen Burschen heran, deshalb war mir auch ein Maler recht sympathisch, der viel Schwerathletik getrieben hat, Wilhelm Leibl“, schildert Padua, der einmal ganz treffend als „empfindsame Kraftnatur“ bezeichnet wurde.

Paul Mathias PaduaPaul Mathias Padua

Als Künstler steht Padua zwischen Tradition und Moderne. Anfangs vom Leibl-Kreis geprägt, entwickelt er später einen eigenständigen Malstil, der von der Neuen Sachlichkeit beeinflusst ist.

Paduas OEuvre umfasst zahlreiche Werke mit bäuerlichen Sujets, zudem einige Porträts berühmter Zeitgenossen (u. a. von Franz Lehár, Gerhart Hauptmann – und Benito Mussolini) sowie schwüle Aktbilder, leuchtende Stillleben und heitere Landschaftsszenen, die Paduas Verbundenheit mit seiner bayerischen Heimat erkennen lassen. Am Ende sind es dann immer die Menschen mit ihren einmaligen Persönlichkeiten, die im Mittelpunkt des künstlerischen Interesses stehen. Dies zeigt sich vor allem in Paduas bäuerlichen Porträts, die durch die Schlichtheit der Darstellung und Aufarbeitung des bäuerlichen Genres mit modernsten Stilmitteln beeindrucken. Solche zutiefst ehrlichen und ausdrucksstarken Gemälde bestimmen zu Beginn der künstlerischen Entwicklung Paduas fast ausschließlich den Inhalt seiner Malerei. Man kann sie als künstlerische Verneigung Paduas vor der entbehrungsreichen bäuerlichen Welt interpretieren – eine Welt, die ihm von Kindheit an vertraut ist und mit der er sich identifiziert. Auf solchen Bildern passiert nicht viel: Männer beim Bier, nachdenkliche Bauern in Sonntagstracht, junge Paare, die vor sich hin blicken. Alles wirkt ein wenig nüchtern, aber das ist gewollt.

Paul Mathias Padua. Junge Bäuerin mit rotem Kopftuch und gelbem Blumenkorb, 1928Paul Mathias Padua. Junge Bäuerin mit rotem Kopftuch und gelbem Blumenkorb, 1928

Mit Farben und Staffage geht Padua bewusst sparsam um. Detailreiche Hintergründe sind meist kein Thema. Stattdessen platziert der Künstler seine meist ernsthaft blickenden Bäuerinnen und Bauern gerne vor einen monochromen Hintergrund, wodurch die innere Monumentalität der oft von Entbehrung gezeichneten, dennoch charakterstark, würdevoll und selbstbewusst wirkenden Gestalten still und unaufdringlich in Erscheinung tritt. Gerne auch in Tracht, denn diese spielt für Padua eine entscheidende Rolle. Für den Künstler manifestiert sich in ihr die Bewahrung traditioneller Ordnung. Und dabei setzt er kleinteilige Details gerne in reizvollen Kontrast zu den großen monochromen Flächen der Kleidung oder des Hintergrunds. Mit solchen Bildern der späten 1920er Jahre findet Padua als Künstler einen eigenständigen Weg, emanzipiert sich von Leibls Einfluss und öffnet sich Tendenzen der Neuen Sachlichkeit – aber bis dahin ist es für den Maler noch ein langer Weg.

Paul Mathias Padua. Mutter mit Kindern am Spinnrad, 1923-1924Paul Mathias Padua. Mutter mit Kindern am Spinnrad, 1923-1924

Paduas Karriere verläuft zunächst ungewöhnlich. Über Umwege gelangt er nach München, wo der junge Mann an der Kunstakademie aufgenommen wird, die er aber nach kurzer Zeit des Studiums verlässt, um sich als Autodidakt auf die Malerei zu konzentrieren – eine richtige Entscheidung, denn noch in der Weimarer Republik gelingt Padua der künstlerische Durchbruch. Er stellt regelmäßig aus und wird geehrt: 1928 mit dem Georg Schicht-Preis für das schönste Frauenbildnis und 1930 mit dem Albrecht-Dürer-Preis der Stadt Nürnberg. Schon bald ist Padua weit über München hinaus bekannt, stellt auch im europäischen Ausland aus.

Paul Mathias Padua. Weiblicher Akt im Zimmer, 1945Paul Mathias Padua. Weiblicher Akt im Zimmer, 1945

In der NS-Zeit avanciert Padua zu einem der angesehensten Maler. Während andere Künstler als „entartet“ diffamiert und ihrer Existenz beraubt werden, hofiert das Regime Padua. Dessen realistischer Stil und die bäuerlichen Motive sagen den Machthabern zu, weil sie ganz und gar ihrem völkischen Kunstverständnis entsprechen. Von 1938 bis 1944 ist Padua auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Haus der Deutschen Kunst in München immer wieder mit Gemälden vertreten, meist Porträts, Stillleben und Bauerngenres. 1939 steuert er für die Schau das berüchtigte Aktgemälde „Leda mit dem Schwan“ bei , das wegen seines vermeintlich obszönen Charakters jedoch zu öffentlichen Diskussionen führt. Auf persönlichen Wunsch Hitlers wird es dennoch gezeigt – und im Nachgang sogar von Martin Bormann für Hitlers Privaträume auf dem Obersalzberg erworben. Bis 1943 malt Padua einige der bekanntesten Bilder der deutschen NS-Propagandakunst, darunter berüchtigte Werke wie „Der Führer spricht“, „Der 10. Mai 1940“ und „Der Urlauber“. 1944 nimmt Goebbels Padua in die „Gottbegnadeten-Liste“ auf. Zeitweise ist Padua auch offizieller Kriegsmaler in einer Propagandastaffel der Wehrmacht. Im Kontext von Paduas Gesamtwerk bilden die wenigen, in der NS-Zeit entstandenen Propaganda-Bilder eine Ausnahme. Dennoch werfen solche Werke und Paduas generelle Popularität im „Dritten Reich“ einen Schatten auf dessen künstlerisches Vermächtnis. Entsprechend fällt das Urteil heutiger Kritiker über den Künstler und sein Werk differenziert aus.

Paul Mathias Padua. Stilleben mit Fenchel und Fleisch, 1927Paul Mathias Padua. Stilleben mit Fenchel und Fleisch, 1927

1951 erwirbt Padua vom Schauspielerpaar Max Pallenberg und Fritzi Massary-Pallenberg ein stattliches Uferanwesen in Rottach-Egern und eröffnet im Tegernseer Tal seine eigene „Galerie am See“. Und trotz seiner engen Verflechtung mit der NS-Kunstpolitik erhält der Künstler nach dem Krieg zahlreiche Aufträge. Wieder malt er mächtige und berühmte Menschen wie Friedrich Flick, Herbert von Karajan, Heinz Rühmann und Franz Josef Strauß – als „Lenbach des deutschen Wirtschaftswunders“ bezeichnet ihn daraufhin der „Spiegel“. Am Tegernsee zählen lange Wanderungen, Schwimmen, Langlauf und Schafkopfen zu Paduas beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Ansonsten ist der Mann gern auf Reisen. Drei Monate lang hält er sich in den USA auf und trifft dabei 1957 George Grosz. 1960 kauft er im portugiesischen Küstenörtchen Nazaré ein Haus, in dem er jedes Jahr für längere Zeit lebt und arbeitet. Dadurch findet nun auch reines, mediterranes Licht Eingang in seine Malerei. Plötzlich erstrahlen Paduas Landschaften in kräftigen Farben mit klaren Konturen. Am 22. August 1981 stirbt Paul Mathias Padua an den Folgen eines Gehirnschlages in Rottach-Egern. Dort ist er auf dem Friedhof an der evangelischen Auferstehungskirche bestattet.

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