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Thomas Baumgartner. Selbstbildnis

Ein malender Bauer Thomas Baumgartner

Über Umwege gelangt der aus einer Bauernfamilie stammende Thomas Baumgartner an die Mal- und Zeichenschule des damals noch privat unterrichtenden Künstlers Hermann Groeber. Später erhält er durch Vermittlung Georg Hirths, Herausgeber der Zeitung „Jugend“, einen Platz an der Akademie in München.

Thomas Baumgartner. Selbstbildnis im Malerkittel, an eine Staffelei gelehnt, 1932Thomas Baumgartner. Selbstbildnis im Malerkittel, an eine Staffelei gelehnt, 1932

Baumgartner erzielt bereits in frühen Jahren große Erfolge. So gewinnt der 21-Jährige 1913 bei der Internationalen Ausstellung im Münchner Glaspalast mit einem Porträt des Generals von Keller die Goldmedaille. Im selben Jahr betritt er in Pittsburgh sogar die internationale Bühne: Dort wird unter anderem sein Bildnis einer Dame mit Leopardenmantel gezeigt – das nun im Mai bei NEUMEISTER versteigert wird.

Thomas Baumgartner. Porträt einer sitzenden Dame mit Leopardenmantel, 1913Thomas Baumgartner. Porträt einer sitzenden Dame mit Leopardenmantel, 1913

Mit solchen Erfolgen macht sich Baumgartner einen Namen als Porträtist. Bayerns König Ludwig III. bedenkt ihn mit Aufträgen, auch Künstlerkollegen wie Joseph Wopfner und Constantin Gerhardinger lassen sich von ihm abbilden.

Thomas Baumgartner. Junge Bäuerin in blauem Samtkittel, 1940Thomas Baumgartner. Junge Bäuerin in blauem Samtkittel, 1940

Vor allem aber malt Baumgartner – inspiriert von heimatlichen Gefilden rund um Chiemsee und Tegernsee – markante Genreporträts von Bäuerinnen und Bauern nach Vorbild Leibls und offenbart dabei sein ganzes Talent. Die Dargestellten – teils mit roten Wangen und von Falten durchfurchtem Gesicht – blicken uns oft frontal an, erzählen so ihre Geschichte, scheinen ihre letzten Geheimnisse preiszugeben. Dabei sehen wir in den ausdrucksstarken Porträts Individuen mit ganz eigenen Charakterzügen. Baumgartner hilft uns auch, genau das zu erkennen, indem er das ganze Bild auf die Dargestellten reduziert und ihnen nur wenig oder gar keine Staffage zur Seite stellt.

Thomas Baumgartner. Flüchtlingselend, 1914Thomas Baumgartner. Flüchtlingselend, 1914

Gerade Thomas Baumgartners sorgfältige Frauenporträts der Sammlung Faußner spiegeln die Entwicklung im Schaffen des Künstlers. Seine Damen der 1910er Jahre erinnern in ihrer malerischen Ausführung noch an Hermann Groeber; auch in der Hintergrundgestaltung lassen sich durch die Lichtstimmung Parallelen zu seinem frühen Lehrmeister feststellen. In den 1920er Jahren wird der Hintergrund dann einfarbiger, Konturen nehmen an Bedeutung zu und die Individualität der Charaktere wird hervorgehoben. Die bundesrepublikanischen Porträts des Spätwerks wirken hingegen fast schon fotorealistisch und stehen ganz im Zeichen der 1950er Jahre.

Thomas Baumgartner. Spanische Dame in Tracht, 1919Thomas Baumgartner. Spanische Dame in Tracht, 1919

Thomas Baumgartner malt sein Leben lang. Von der Kaiserzeit bis zur Bundesrepublik bildet er in Genreporträts fast ausschließlich Personen des bäuerlichen Lebens ab. Wie sein Freund Maier-Erding ist er ein malender Bauer, wirkt im Gegensatz zu diesem jedoch weniger präsent. Baumgartner hält sich lieber unter Bauern auf oder geht zur Jagd, als sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wie viele Künstler in seinem Umfeld ist Thomas Baumgartner ein Nutznießer der NS-Zeit. Seine Werke werden von den Machthabern geschätzt, unter anderem ist er 1941 bei der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ präsent. Allerdings lässt sich bei ihm kein Werk finden, das einen klar propagandistischen Inhalt gemäß nationalsozialistischer Ideologie besitzt. Vielmehr werden in der NS-Zeit Werke Baumgartners ausgestellt, die die gleichen Motive haben, wie jene, die er schon in den 1920er Jahren im Münchner Glaspalast gezeigt hatte.

Thomas Baumgartner stirbt 1962 in Kreuth. Die meisten seiner Gemälde befinden sich heute in Privatbesitz.

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