Barbara Rosina Lisiewska

Auctioneer
Kunstauktionshaus Neumeister
Lieu de l'événement
Allemagne, München
ID 1293601
Lot 288 | Barbara Rosina Lisiewska
The dancer Barbara Campanini, called Barbarina, as Thetis
Adhesive label with the transcribed inscription "peint par R. Matthieu née Lisiewska 1755 / 26 [o. Z6]" (probably a transcription of a name on the original canvas) on the frame verso. Inventory number 3056 (Anhalt-Zerbst) on the stretcher. A crossed-out number "N° 113" on the stretcher and frame verso. Oil auf canvas. 146 x 109.5 cm. Relined. Restored. Minor damage. Damage to frame (151.5 x 116 cm).

Barbara Campanini, gen. Barberina bzw. Barbarina, wurde 1719 in Parma geboren (das bisher tradierte Geburtsjahr 1721 konnte durch Andrea Peregos Recherche im Taufregister korrigiert werden). Sie gilt als eine der bedeutendsten Ballett-Tänzerinnen des 18. Jahrhunderts. Ihre Ausbildung als Tänzerin erhielt sie am Teatro Farnese in Parma bei Rinaldi Fossano, mit dem sie 1739 an der Oper in Paris debütierte. Eine Besonderheit ihres Tanztalents war die Tatsache, dass sie ihre Füße bei Luftsprüngen, den "entrechats", achtmal aneinanderschlagen konnte. Selbst die vergleichbar berühmte Tänzerin Marie Camargo konnte dies nur viermal. Ihre noch junge Laufbahn setzte sie in London und Venedig fort, 1743 war sie wiederum in Paris.

In Berlin war der junge König Friedrich II. inzwischen dabei, nicht nur ein Opernhaus zu errichten, sondern auch eine Ballett-Truppe als unverzichtbaren Bestandteil eines Opernbetriebs zusammenzustellen. Schon im August 1742, noch vor Fertigstellung des neuen Opernhauses Unter den Linden, waren die ersten Tänzer aus Paris eingetroffen, darunter der Ballettmeister Michel Poitiers mit seiner Geliebten, der Primaballerina Cathérine Roland. Poitiers verlangte aus künstlerischen Erwägungen das Engagement eines kompletten Corps de ballet, ein Wunsch, welchem der König vorerst nicht entsprechen wollte. Poitiers wurde, nachdem er seinem Unmut über diese Ablehnung durch schlechtes Benehmen Luft gemacht hatte, bereits im August 1743 in Ungnade entlassen. Zusammen mit Cathérine Roland reiste er ab.

Es wurde nun der preußische Gesandte am französischen Hof, Jean de Chambrier, beauftragt, in Paris schnellstmöglich für Ersatz zu sorgen. Schon im folgenden Monat gelang es ihm, den Solotänzer Jean-Barthélémy Lany als neuen Ballettmeister zu gewinnen, zusammen mit seinen beiden Schwestern als Tänzerinnen. Lany durfte nun auch das Corps de ballet durch weitere Einstellungen komplettieren. Für Friedrichs II. Verlangen nach höchster Qualität spricht sein Entschluss, noch eine weitere Primaballerina von internationalem Rang zu engagieren: Im September 1743 verhandelte der "ministre plénipotentiare de Sa Majesté prussienne", genannter Jean de Chambrier, in Paris mit Barbara Campanini über ihr Engagement in Berlin. Es wurde festgelegt, dass sie dieses zum Ende des nächsten Karnevals antreten sollte.

Doch die Barbarina weigerte sich aufgrund ihrer frisch aufgeflammten Liebe zu Lord James Stuart Mackenzie, nach Berlin zu reisen und "flüchtete" mit ihrem Geliebten nach Venedig. Friedrich II. war empört. Sein Auslieferungsersuchen an die Republik Venedig wurde abschlägig beschieden. Kurz entschlossen ließ er den venezianischen Gesandten für London, der auf einer Reise durch preußisches Staatsgebiet war, festsetzen. Folge dieser "Erpressung" war, dass die Tänzerin unter militärischer Bewachung nach Berlin gebracht wurde. Der Lord reiste seiner Geliebten nach Berlin nach und blieb noch zwei Jahre dort - ohne Erfolg, die Liebe des Bühnenstars zu ihm war bereits erloschen.

Am 8. Mai 1744 feierte Barbara Campanini ihr Debüt an der Königlichen Hofoper. Der König war von ihr begeistert, zahlte ihr eine für damalige Zeiten sehr hohe Gage und genehmigte ihr zahlreiche Extravergütungen. Ihre Bewunderer bezeichneten sie als "fliegende Göttin". Das Haus der ebenso schönen wie klugen Barbarina wurde zum Anziehungspunkt für Künstler und Diplomaten.

1745 fertigte Antoine Pesne sein berühmtes Bildnis der Barbarina als Bacchantin in ganzer Figur (Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv.-Nr. GK I 2638). Sein Format von 221 x 140 cm steht damit klassischen Staatsporträts nicht nach. Seinen Platz fand dieses Gemälde in einem Kabinett neben dem Schlaf- und Arbeitszimmer Friedrichs II., in welchem es als "Solitär" gehängt war. Es war eine große Ehre für die Tänzerin, in den persönlichen Räumen des Königs mit einem Porträt vertreten zu sein.

Am 17. Januar 1746 wurde in Berlin die Oper "Demofoonte. Re di Tracia" von Carl Heinrich Graun uraufgeführt (Libretto von Pietro Metastasio). Am Ende des ersten Aktes war hier ein ergänzendes Ballett zu sehen, in welchem die Barbarina als Thetis auftrat. Barbara Rosina Lisiewska stellt die bewunderte Tänzerin auf dem vorliegenden Porträt bei einem ihrer sagenhaften Sprünge dar: Sie ist gerade im Begriff, wieder auf dem Boden der Bühne aufzusetzen. Noch aber bewegt sie sich, ihr Haar schwingt nach oben, der Reifrock bläht sich zusätzlich. Mit diesem "Snapshot" gelang der Lisiewska ein künstlerischer Geniestreich.

Johann Conrad Peyer im Hof, ein junger Kavalier aus Schaffhausen, war bei zahlreichen Aufführungen der Hofoper im Januar 1746 anwesend und zeigte sich in seinen Aufzeichnungen beeindruckt. Er schreibt, dass jede Tänzerin dort "ihr apartes kleines Zimmer [habe], wo sie sich ankleidet. Der Barberini ihres ist tapeziert, hat keine Fenster, wird aber, wann Opera ist, ganz illuminiert." Die Kastellanin des Opernhauses zeigte Peyer bei seinem Besuch auch einige Bühnenkostüme, "zum Exempel der Barberini ihres, darin sie in Demophontes als Thetis getanzt hat." (Eckert, s. u. , S. 215).

Die Karriere der Barbarina in Berlin fand bereits 1749 ein abruptes Ende. Sie nahm auf offener Bühne den Heiratsantrag Carl Ludwig von Coccejis an, Sohn des preußischen Großkanzlers. Dieser Skandal führte zur Kündigung ihres Vertrages, der Bräutigam kam für 18 Monate ins Gefängnis. Sie heiratete ihn noch 1749 in Berlin.

Friedrich II. schickte Carl Ludwig von Cocceji schließlich als Regierungspräsidenten ins schlesische Glogau. Dort erwarb die Tänzerin drei Güter, die sie auch selbst verwaltete. 1759 erfolgte die Trennung von ihrem Mann, 1788 wurde die Ehe geschieden. Im Jahr darauf wurde die Barbarina von König Friedrich Wilhelm II. zur Gräfin Campanini geadelt. Kurze Zeit danach gründete sie ein Stift zum Unterhalt 18 lediger Damen von schlesischem Adel und einer Subpriorin. Ein Jahrzehnt lang sorgte sie für strengste Ordnung unter den Stiftsdamen. 1799 starb die Gräfin Campanini auf ihrem Gut in Barschau überraschend an einem Herzschlag. Die von ihr gegründete Stiftung für arme adelige Fräulein bestand noch mehr als 100 Jahre.

Barbara Rosina Lisiewska war das dritte Kind des Künstlers Georg von Lisiewski und Maria Elisabeth, geb. Kahlen. Anfangs war sie Schülerin ihres Vaters, früh entstanden Kopien nach Bildnissen des Antoine Pesne, führender Porträtmaler im Berlin seiner Zeit. Mit ihrem Vater ging sie als Assistentin nach Stettin, um 1730 porträtierte sie die Mutter der späteren Kaiserin Katharina II. von Rußland, Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst (s. u.). Zugunsten der Ateliergemeinschaft mit ihrem Vater schlug sie 1734 einen Ruf nach Dresden aus. 1741 heiratete sie ihren verwitweten Schwager, den Berliner Hofmaler David Matthieu. Dieser starb 1755, 1756 wurde seine Witwe zur Hofmalerin des Hauses Anhalt-Zerbst berufen. Sie erhielt den Auftrag, für den "Salon de beauté" des Zerbster Schlosses einen Zyklus von 72 Bildnissen im Sinne einer Schönheitsgalerie zu malen, von denen sie - laut Literatur - 40 fertiggestellt hat. Im Jahr 1760 schloss sie die Ehe mit Ludwig de Gasc, Assessor am französischen Obergericht in Berlin, einem Freund Lessings. 1764 erfolgte der Umzug nach Braunschweig, wo unsere Künstlerin 1777 zur Hofmalerin ernannt wurde. 1765 wurde sie Ehrenmitglied der Dresdener Akademie.

Literature: Parthey, Gustav, Deutscher Bildersaal. Verzeichniss der in Deutschland vorhandenen Oelbilder verstorbener Maler aller Schulen. Volume 2. Berlin 1864, page 47, number 11 "Weibliches Bildniss; halbe tanzende Figur" by Barbara Rosina Lisiewska in Coswig Castle. Parthey identifies six other paintings by the artist for Coswig Castle. - Olivier, Jean-Jacques / Norbert, Willy, La Barberina Campanini (1721-1799) - Une étoile de la danse au XVIIIe siècle. Paris 1910. - Exhibition catalogue: Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1650 - 1800. Veranstaltet von S. K. Hoheit Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. Darmstadt, Residenzschloss, October 1914. Darmstadt 1914, page 94, catalogue number 347: the present painting. Here name mentioned (with the text of the adhesive label that is now on the back of the frame) verso. - Eckert, Helmut, Von Oper und Schlössern in Berlin und Charlottenburg 1746. Berichte eines Besuchers, in: Festschrift der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg zu ihrem hundertjährigen Bestehen, 1884-1984. Berlin 1984, pages 213-226. - Berckenhagen, Ekhart, Anna Rosina Lisiewska-Matthieu-de Gasc, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte. Volume 31 (1992), pages 77-114: catalogue raisonné. There are only two busts of Barbarina listed as well as a depiction of the dancer dancing in the park in front of a courtly company (catalogue raisonné numbers 23-25). - Perego, Andrea, Barbara - Un affare di Stato. Venice 2020. - Kovalevski, Bärbel, Barbara Rosina Lisiewska (1718 - 1783) - Hofmalerin in Berlin und Braunschweig. Bildnisse mit Geschichten. Berlin 2022.

provenance: Collection of the House of Anhalt-Zerbst. - Private owner, South Germany.

Wir danken Frau Dr. Bärbel Kovalevski, Berlin, für ihre freundliche Unterstützung im Rahmen der Katalogisierung.
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