Hl. Anna Selbdritt, 1490

Dreifache Anna

In der NEUMEISTER März-Auktion ist die Darstellung der „Anna Selbdritt“ als Skulptur gleich dreimal vertreten: als große stehende Gruppe sowie als Sitzfigur — einmal mit Maria und Christus auf den Knien, einmal mit der stehenden Maria.

Hl. Anna Selbdritt, 1490Hl. Anna Selbdritt, 1490

Nach dem mittelalterlichen Wortgebrauch bedeutet „Selbdritt“ „zu dritt“ und bezeichnet in diesem Kontext die gemeinsame Darstellung Annas, ihrer jugendlichen Tochter Maria und deren Sohn, dem Jesuskind. Großmutter, Mutter, Kind: drei Personen, drei Generationen.

Mittelalterliche Skulpturen und Gemälde mit dem Motiv dieser Dreier-Gruppe schmücken Kirchen und Museen in Deutschland und Europa. Aber auch Heroen der Renaissance nahmen das Thema auf. Berühmte Beispiele dafür sind die Anna SelbdrittGemälde von Albrecht Dürer (1519) und Leonardo da Vinci (1501/1507).

In Deutschland verbreitete sich die Darstellungsform der Anna Selbdritt im 13. Jahrhundert. Großer Beliebtheit erfreute sich dieser Kompositionstyp dann im Spätmittelalter, als die hl. Anna als legendäre Mutter Mariens besondere Verehrung genoss — auch vor dem Hintergrund der damals aufkommenden Glaubenslehren über die unbefleckte Empfängnis.

Hl. Anna Selbdritt, um 1510Hl. Anna Selbdritt, um 1510

Neben ihrer als Matrone mit Kopftuch gezeigten Mutter erscheint Maria häufig kindhaft und in beinahe attributhaft verkleinertem Maßstab. Anna wirkt dadurch umso stärker in ihrer Maria und Christus umfassenden und schützenden Mütterlichkeit.

Funktional werden Anna-Selbdritt-Gruppen sogenannten Andachtsbildern zugerechnet, die dem spätmittelalterlichen Betrachter religiöse Inhalte vermitteln und zur Kontemplation über die Passion Christi anregen sollten. Mit der Darstellung seiner Familie wird die Herkunft Christi in eine menschliche Sphäre gerückt, gleichzeitig deren Schmerz über sein Leiden mit angedeutet.

Hans Herlin. Hl. Anna Selbdritt, um 1510Hans Herlin. Hl. Anna Selbdritt, um 1510

Anna ist unter anderem Schutzpatronin gegen Gewitter, überdies werden ihr unzählige Patronate zugeschrieben. „Hilf Heilige Anna, ich will ein Mönch werden”, rief Martin Luther sie in höchster Not an — und erfüllte dieses Gelübde bekanntlich folgenschwer.

Von NEUMEISTER-Expertin Dr. Bettina Schwick

Das NEUMEISTER Magazin No. 13/24

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